Eine Veranstaltung bei der Studentenverbindungen unterschiedlicher Dachverbände aufeinandertreffen, wie dem Akademischen Turnbund, der Deutschen Burschenschaft, der Neuen Deutschen Burschenschaft, diversen Landsmannschaften, dem Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen oder auch Vertreter des sogenannten Grünen Kreises innerhalb des Kösener-Senioren-Convent-Verbands? Eine Veranstaltung, bei der waffenstudentische Prinzipien wie schlagend oder nichtschlagend und couleurstudentische Prinzipien wie farbentragend oder farbenführend aufeinandertreffen? Gibt’s sowas?
Ja, so eine Veranstaltung gibt es. Die Sache nennt sich Tramitörn, abgeleitet von der Facebook-Gruppe Tramizu (Tradition mit Zukunft) in der mehrere Zehntausend Korporierte über Gott und die Welt philosophieren – ein relativ bunter Haufen. Ein paar Mitbegründer dieser Gruppe kamen so auf die Idee eine Veranstaltung abzuhalten bei der ausgewählt Verbindungsstudenten an einem Ort zusammenkommen, dachverbandsunabhängig eine Gemeinschaft bilden und Spaß haben. Somit war der Tramitörn geboren. Ein Segeltörn von Elsfleth nördlich von Bremen nach Helgoland und zurück. Dauer: 3 Tage; Schiff: „Großherzogin Elisabeth“, ein Dreimast-Gaffelschoner des Schulschiffvereins Großherzogin Elisabeth e.V. Für die zahlreich vertretenen Seefahrer und Seefahrtbegeisterten unter uns folgend ein paar Eckdaten zur „Lissi“:
Bevor es auf die Hohe See ging, bekamen wir vom Organisator Thorsten Löffler (Mitglied der nautischen Verbindung Roter Sand e.V. und derzeit an der Jade-Hochschule in Elsfleth beschäftigt) eine Führung durch selbige Hochschule, die uns in zahlreichen Vorträgen nähergebracht wurde. Eine Visite des hauseigenen Schiffssimulators stand auch mit auf dem Plan. Anschließend ging es ans Kutterpullen, eine für jemanden, der aus Südbayern stammt, völlig neue Sportart. Bei sonnigem Wetter kutterpullten wir die Weser hinauf und ließen uns auf Höhe eines passierenden Marineschiffs wieder abwärts in Richtung Ausgangpunkt treiben und diskutierten dabei über die effektivste Pullertechnik.
Gegen späten Nachmittag legte die Lissi in Elsfleth ab und wir schipperten in Richtung Bremerhaven, wo wir den Anker warfen und bei einem Störtebeker vom Fass an Deck den Sonnenuntergang bestaunten. Wie sich das für eine Verbindungsveranstaltung über mehrere Tage so gehört, durfte selbstverständlich eine Kneipe nicht fehlen. Somit wurde nach Sonnenuntergang eine Seefahrerkneipe geschlagen. Was zeichnet eine Seefahrerkneipe aus? Nun ja, zuerst befinden wir uns auf einem Schiff ist ja klar; hinzukommen Matrosengesänge die an die Wikingerzeit erinnern und mein persönlicher Favorit: Der korporierte Kapitän des Schiffes, der sie schlägt. Ein fantastischer Mensch wie sich im Nachhinein rausstellen sollte.
Während der Kneipe wurden die einzelnen Wertesysteme der unterschiedlichen Dachverbände deutlich. Vereinzelt paulten Vertreter von Burschenschaften in Richtung der CVlern, dass nur schlagende Verbindungen echte Männer hätten, woraufhin sich eine weibliche Korporierte einer nautisch norddeutschen Verbindung einschaltete und sämtliche Vertreter dieser Burschenschaft aufs Bein bat, um mit Ihnen die Bierstreitigkeit auszutragen. Alles fand natürlich stets auf einem humorvollen Niveau statt. Was ich vergessen hatte zu erwähnen: Sie war am Glas schneller als jeder einzelne Buxe. Nachdem die klischeehaften Diskussionen abgehakt und zunehmend das Menschliche in der Vordergrund rückte, wurden freudig Seemannslieder geträllert, etwaige verlorene Bierehren wiederhergestellt und das ein oder andere Fass geleert.
Am Samstagmorgen hissten wir gegen 07:00 Uhr die Segel und fuhren auf die offene See hinaus, um dort festzustellen, dass der Wellengang für eine Überfahrt bis nach Helgoland leider zu hoch ist. Außerdem war für den Folgetag Sturmflut angesagt, weshalb der Kapitän des Schiffes die Entscheidung traf vom Alternativprogramm geltend zu machen und nördlich der Ostfriesischen Inseln bis auf Höhe von Langeoog zu segeln, um dann mit der Flut südlich der Inseln durchs Wattenmeer zurück in Richtung Jadebusen in Wilhelmshaven festzumachen. Eine äußerst turbulente Fahrt auf der Offenen See; die 15-köpfige Besatzung hatte alle Hände voll zutun.
Den Nachmittag verbrachten wir in Wilhelmshaven, schauten uns das dortige Marinemuseum an und aßen das ein oder andere Krabbenbrötchen. Abends bereiteten uns die drei Köche an Bord ein vorzügliches Buffet, wodurch wir am darauffolgenden Morgen gestärkt zurück nach Elsfleth segelten.
Abschließend möchte ich festhalten, dass es eine großartige Idee war, sämtliche Dachverbände auf einem Schiff zu vereinen und wir somit zwangsweise wortwörtlich am gleichen Strang ziehen mussten. Es wurden Barrieren zwischen etwaigen Dachverbänden eingerissen und Vorurteile ausgeräumt. Da der Tramitörn nur im Zweijahresturnus stattfindet, sticht die Lissi 2021 wieder in See. Und da ich neben ein paar Alten Herren der Wiener ATV der einzige Vertreter des ATBs war, würde ich mich sehr freuen, wenn sich für kommendes Jahr noch ein paar mobilisieren lassen.
Zwitscher Z!